Jodo - Der Weg des Stockes

Da dieser Abschnitt mit Jodo-Geschichte überschrieben ist, möchte ich auch angemessen beginnen...

 

Es war einmal ein Samurai namens Musō Gonnosuke Katsuyoshi, der Ende des 16., Anfang des 17. Jahrhunderts in Japan lebte. Eines Tages zog er aus in Richtung Edo (dem heutigen Tokio), um sich in Duellen mit anderen geübten Kämpfern verschiedenster Stile zu messen und so sein Wissen über die verschiedenen Techniken zu ergänzen und im Kampf zu erproben.

 

Auf seiner Pilgerreise ging er bis zu diesem schicksalhaften Tag, der zwischen 1596 und 1614 stattgefunden haben soll, bisweilen unbesiegt aus seinen Zweikämpfen hervor.

 

In Edo traf er nämlich auf den berühmten Schwertkämpfer Miyamoto Musashi, der seinerzeit die Zweischwert-Technik (Juji-dome-Technik) entwickelt hat und natürlich meisterhaft beherrschte. Dabei verwendete Musashi ein Kurz- und ein Langschwert gleichzeitig. Mit dieser Technik konnte er das gegnerische Schwert blocken und mit dem zweiten Schwert parieren. Auch er war bisher ungeschlagen aus all seinen Zweikämpfen hervorgegangen.

 

Als die beiden im Kampf aufeinandertrafen, unterlag Musō Gonnosuke. Diese Kämpfe waren nicht dazu gedacht, den Gegner zu töten. Daher wurden auch keine Schwerter, sondern, wie auch in diesem Duell, Holzbokken verwendet.

 

Jetzt kannte Musō Gonnosuke nur noch ein Ziel: Seine Technik(en) so zu verbessern, dass er in die Lage versetzt wäre, Musashi zu schlagen.

 

Auf seiner Wanderschaft kam er schließlich in die Provinz Chikuzen. Er hielt sich dort in einer Stadt auf, die heute Dazaifu heißt und in der Kukuoka-Präfektur auf der Insel Kyūshū gelegen ist. Er stieg auf den Berg Hōmen und verweilte 37 Tage lang im Heiligtum von Kamado. In Meditation versunken, erhielt er eine göttliche Eingebung, die sich ihm in Gestalt eines Kindes offenbarte. Es sagte: "Finde das Zentrum Deines Gegners mit einem runden Stock."

 

Durch diese Vision inspiriert, entwickelte Gonnosuke eine neue Waffe. Es handelte sich dabei um einen einfachen Stock, der ca. 30 cm länger war als ein Schwert. Die Gesamtlänge des Stockes betrug (und beträgt heute noch) 128 cm (4 Shaku, 2 Sun, 1 Bu), der Durchmesser 26 mm (8 Bu). Der Jo war erfunden.

 

Jetzt begann Gonnosuke, für den Jo geeignete Techniken zu entwickeln. Dabei halfen ihm seine in zahlreichen Kriegskünsten erworbenen Erfahrungen, wie z.B. Stichtechniken vom Speer (Yari), Techniken von der Hellebarde (Naginata), Schlagtechniken vom großen Stock (Bō) und vom Schwert (Tachi). Aus diesen unterschiedlichen Techniken ist zunächst Jojutsu entstanden, aus dem sich später Jodo entwickelte.

 

Danach soll sich Gonnosuke wieder auf Wanderschaftt begeben haben, um sich mit seiner neuen Waffe und dem Wissen um seine Beherrschung, dem Juji-dome von Musashi entgegenzustellen.

 

Über den Ausgang des Kampfes beim zweiten Aufeinandertreffen der beiden gibt es unterschiedliche Versionen: Einmal heißt es, Gonnusuke hätte Musashi die einzige Niederlage beigebracht, dann wieder, der Kampf sei unentschieden ausgegangen.

 

Heutzutage wird eine gemäßigte Version des ursprünglichen Jojutsu praktiziert, die Jodo genannt wird. Schließlich muss sich heute niemand mehr auf einen realen Kampf vorbereiten. Es gibt vorgeschriebene Bewegungsabläufe für die Schwert- und für die Jo-Seite. Diese Formen, auch Katas genannt, erfordern sowohl Konzentration und Präzision, als auch ein Gefühl für Abstand und Timing. Das macht Jodo zu einer perfekten Ergänzung für Iaido und Kendo.